Donnerstag, 8. November 2007

Zwischenbilanz

Zugegeben, der jetzige Blogeintrag wird etwas überraschend sein. Ich halte ihn indes für unumgänglich.

Ich habe den vierten Zyklus abgeschlossen und stehe wohl an einem Punkt, an dem ich nach sorgfältiger Reflexion eine Entscheidung zu treffen habe. Den Prozess dieser Entscheidung möchte ich auflisten:
Ich freute mich auf die Chemotherapie, die mir eine Erhöhung der rückfallfreien Zeit während der ersten fünf Jahre nach Beginn der Therapie von 64% auf 77% ermöglicht. Das ist nicht unwesentlich. In der Entwicklung der Therapie zeigte sich schon bald, dass die Nebenwirkungen Einfluss auf die Lebensqualität haben werden. Zurzeit ist es so, dass die Hände und Füsse brennen, mir keinen auch nur einigermassen vernünftigen Alltagsablauf ohne massive Schmerzen ermöglichen. Reibe ich die Hände, dann erhalte ich Linderung für genau 10 Sekunden, um danach für Minuten mit noch brennenderen Händen bestraft zu werden. Die Therapie, der gegenüber ich mich sehr positiv eingestellt hatte, verändert plötzlich ihr Gesicht. Sie wird zu einem Gegenspieler. Wir reden immer von Einschränkung der Lebensqualität. Was ich zurzeit wahrnehme ist eine Verhinderung am Leben. Diese gravierende Veränderung hat psychische Auswirkungen. Ich fühle mich wie ein Ur-Veteran (so über 90), bei noch keinen 60! Natürlich weiss ich (intellektuell), dass dieser Zustand vorübergehender Natur ist. Nur als Patient erlebe ich ihn jetzt, stündlich oder pointierter formuliert: jede Minute.
Wenn wir davon ausgehen, dass die Psyche die Krankheitsentwicklung beeinflusst, dann stehe ich vor der Entscheidung, wie ich weiter tun will. Die Abwehr gegen Xeloda (verantwortlich für dieses Hand-Fuss-Syndrom) ist für mich stärker geworden wie der vermeintliche Nutzen des Medikamentes. So stehen mir folgende Möglichkeiten zur Entscheidung offen:
- Reduktion von Xeloda;
- Therapie nur mit Eloxatin iv.;
- Umstieg auf FOLFOX4;
- Abbruch der Therapie.
Mit entscheidend ist auch die Ausgangslage: linksseitiges Kolon bis 35 cm ist entfernt, T3 Stadium (T4 = max.); Histologischer Grad 1-2 (3 = max.), Metastase in 1 von 18 tumornahen Lymphknoten, vier tumorfreie tumorferne Lymphknoten. Die Resektionsränder sind tumor-, divertikel- und entzündungsfrei, keine Fernmetastase (Becken, Leber, Milz, Lunge usw.).

So: ich weiss, was ich in den kommenden Tagen zu tun habe. Ich darf auf eine sehr herzliche, liebevolle, ehrliche und fachlich hochkompetente Unterstützung aller Menschen in meinem Umfeld zählen und werde meine Entscheidung in aller Ruhe im Verlaufe der nächsten zehn Tage fällen.

Der Herbstwind wirbelt die farbigen Blätter durch unseren neu erstellen Garten. Die Vögel erfreuen sich einer kernigen Zwischenmahlzeit in ihrem Vogelhaus, die Wolken spielen mit der Sonne und dem Mond und lassen sich winterlich einfärben. Ich liebe diese Stimmungsbilder und freue mich auf den Frühling. Noch aber sitze ich am wärmenden Kaminfeuer.

Alles Liebe
Peter

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