Mittwoch, 29. September 2010

zweispältige Wochen

Die aktuelle Situation ist so, dass der CEA diesmal mehr oder weniger stabil geblieben ist (er sank ganz leicht von 345 auf 328). Die positive Botschaft ist, dass er nicht gestiegen ist. Ich bin wieder in Chemo und erlebe sie heute nicht sonderlich gut. Ich verbrachte den Tag mit heftiger Übelkeit und Erbrechen und habe mich erst im Verlaufe des Nachmittags erholt.

Die letzten Wochen waren geprägt von besonderen Formen von Abschied. Ich traf Freunde, von denen ich mich verabschiedete. Das waren heftige emotional, aber trotz allem sehr schöne Momente. Auch zog ich mich definitiv aus meiner Praxis zurück, was mir und den noch verbliebenen Klienten wirklich nicht leicht gefallen ist. Doch ist und bleibt dieser Schritt irreversibel. Die Kontinuität ist meinerseits nicht mehr gegeben und die Lokalitäten stehen mir auch nicht mehr zur Verfügung. In Salzburg beendete ich zusammen mit Elisabeth und Peter Reichenpfader den 13. interdisziplinären Lehrgang für Palliative Care. Es wird eine neue Leitung geben. Der Abschied war intensiv und der lang anhaltende herzliche Applaus berührend. Ob ich im neuen Lehrgang nochmals eine Rolle spiele, kann ich heute nicht sagen, ausgeschlossen ist es aber nicht.

Ich bewege mich wie in zwei Welten. Auf der einen Seite schliess ich ab, was abzuschliessen und zu beenden ist und nehme Abschied von dem, was mir lieb und teuer war. Das ist schmerzhaft, emotional aufwühlend und dennoch getragen von unheimlich viel Wärme, Liebe und Geborgenheit. Diesen bewussten Weg zu gehen ist nicht einfach, aber er tut gut. Auf der andern Seite plane ich 2011 und vereinbare Termine für Seminare, wie wenn nichts wäre. Ich gehe mal davon aus, dass die Chemotherapie mir ein neues Zeitfenster ermöglicht. Dies möchte ich leben und erleben, massvoll und nicht übertrieben.

Vor uns liegen nun einige ganz spannende Wochen. Freitag/Samstag bin ich Linz bei Freunden, Abschied ist das Thema. Am Dienstag dann fliegen wir für zwei Wochen nach Kanada. Zuerst nach Vancouver, um südlich davon die Braunbären beim Lachsfischen und die Grizzlys beim Beerenpflücken zu beobachten. Danach fliegen wir nach Winnipeg und dann nach Churchill, um die Eisbären in ihrem Element zu fotografieren. Wir sind dann Mitte Oktober wieder für die nächste Chemo zurück. Wir freuen uns riesig.

Donnerstag, 2. September 2010

Schmerzen und die Folgen

Schmerzen blockieren, hemmen, bremsen und können die Psyche abstürzen lassen. In der Regel verläuft dieser Prozess schleichend, aufbauend und nicht abrupt oder von Knall auf Fall. So erlebte ich meine Situation in den letzten Wochen. Auf meinem Bauch lag ein 10 Kilo Sack, Rücken und Hüfte schmerzten, der Atem ging schwerer. Ich war der Meinung (und dies nicht alleine), dass diese Signale schlechte Rauchzeichen sind. Maria stand während der ganzen Zeit felsenfest hinter mir. Ich denke, dass sie die einzige war, die noch an mich glaubte. Dann stellten mit zwei Ärzte förmlich wieder auf die Beine. Ich erhielt wichtige Informationen und relativierte die eigene Beurteilung. Zudem erhörten wir das Schmerzpflaster auf 75 und ergänzten sie mit unterstützenden Medikamenten. Und siehe da: ich bin wieder zurück. Zurzeit geht es mir wieder viel besser und ich bin auch in der Lage, mich wieder in meinen Alltag zu integrieren. Allerdings habe ich entschieden, den noch bescheidenen Anteil an Praxistätigkeit in der Schweiz gänzlich einzustellen. Dieser Schritt war nicht einfach, er musste aber sein.

Zudem beginne ich, mich von Menschen zu verabschieden, die mir sehr am Herzen liegen. Früher dachte ich an ein Abschiedsfest. Das ist heute kein Thema mehr. Nicht zuletzt auch deshalb nicht, weil die Individualität in der Menge verloren geht. Ich möchte die Individualität spüren, sie noch einmal erleben und gänzlich für mich alleine wahrnehmen. Zwei dieser Reisen musste ich absagen, weil reisen schlicht nicht möglich war. Eine Dritte hingegen konnte ich durchführen. Es war gut so, schön und herzlich. Es tat weh und machte traurig. Auch wenn ich noch länger leben werde, wovon ich heute total überzeugt bin, so möchte ich in den nächsten Monaten diese Philosophie aufrecht halten.

Heute beendete ich den nächsten Zyklus der Chemotherapie. Der Tumormarker verlor im Gegensatz zur Vormessung vor zwei Wochen rund 30 Punkte und liegt nun bei 431 (kommt mir vor wie an der Börse!). Ich hoffe auf die Wirkung der Chemotherapie und bin auch überzeugt davon. Mein Herbstprogramm steht und werde es sorgfältig zu realisieren versuchen. Ich ahne, dass mein Zeitfenster grösser ist, wie ich befürchte. Ich freue mich auf alle Begegnungen.

Herzlich Peter