Freitag, 12. Juni 2009

Von Tag zu Tag besser

In körperlicher Hinsicht mache ich grosse Fortschritte, worüber ich mich sehr freue. Der Bauch ist noch nicht ganz zu (Loch von etwa 3cm Durchmesser), doch heilt die Wunde stetig. Leider habe ich immer noch Durchfall, was meine Gewichtszunahme stört.

Gestern erlebte in psychischer Hinsicht wieder einmal einen denkwürdigen Tag. Der Morgen begann wie immer: Dusche, Stomawechsel, Frühstück. Wir sassen zufrieden am Tisch. Ich spürte im Stoma Wärme und dachte, dass der Darm sich entleert. Plötzlich realisierte ich, dass sich diese Wärme über den Bauch und die Beine runter ausdehnte. Ein Blick auf die Hosen zeigte das Desaster an: der Stomabeutel hielt nicht dicht! Maria putzte das Nötigste und begann sorgfältig mich zu beruhigen. Sie musste meine Empörung im Gesicht gelesen haben. Ich tappte zum Badezimmer hoch, stieg in die Badewanne und entkleidete mich. Da stand ich nun, nackt, verschissen und ich weinte. Es ist so was von demütigend, entehrend und schafft unheimliche Unsicherheit. In einer Umgebung mit Verständnis kann das ja noch gehen, aber was ist, wenn dies im Kino, Theater, Flieger oder während eines Seminars passiert? Die Verunsicherung ist total.

Die Stomaberaterin erklärte mir, dass der geschlossene Beutel bei Durchfall nicht geeignet ist, da er dem Druck nicht wirklich standhält. Sie empfiehlt den offenen Beutel. Zudem meinte sie, dass ich vor einem Event welcher Art auch immer ein Imodium einnehmen soll. Das stopft wenigstens für einige Stunden und gibt Sicherheit. Für diesen Tipp war ich dankbar.

Ich erlebte den Tag eher zäh, schleppend und mühsam. Marias Aufbauversuche begannen Früchte zu tragen. Wir beide hoffen auf psychisch bessere Zeiten. Die Dünnhäutigkeit hat aber eine tiefe Wunde erhalten.
Herzlich Peter

1 Kommentar:

Barbara hat gesagt…

Lieber Peter,

die unangenehme Entleerung und Verschmutzung von Körper und wahrscheinlich auch ein wenig der Seele kann dir gesichert jeder nachfühlen !
Wem dies nicht gelingt, soll in seiner sterilen Welt glücklich werden, deren Begrenzung eine Trennscheibe aus Glas darstellt .

Es wird etwas Selbstbewusstsein brauchen um einen alltäglichen Umgang mit Eventualitäten jeglicher Art zu versuchen - mit einem Durchspielen diverser Möglichkeiten im Kopf und einer kleinen Reservetasche mit Kleidung als Begleiter wird es dir gelingen auch dieses Problem zu lösen, welches übrigens gar nicht zu wenige Menschen betrifft - was selbstverständlich die persönliche Betroffenheit und den Umgang damit um nichts erleichtert.

Du wirst auch diese Hürde meistern - du hast eventuell momentan, wie du das für dich beschreibt, deinen Selbstwert verloren geglaubt, hast aber durch die Möglichkeit der Stomaversorgung Gegenwärtigkeit und Zukunft erhalten.

Und wir alle freuen uns so sehr darüber, dass wir dich auch zukünftig unter uns haben werden!
Dass du uns mit deinem Wissen nährst, mit deinem Sarkasmus zum Lächeln bringst und wir weiterhin an Schnittstellen deines Lebens teilhaben dürfen.

Was sind dagegen Eventualitäten, die möglicherweise niemals geschehen oder mitunter relativ gut zu beheben sind...

Es wird, du wirst sehen !

Wir freuen uns so darauf, dass es wird, weil wir daran glauben dass selbst tiefe Wunden vernarben können !

Alles Liebe!

Barbara