Mittwoch, 30. Juli 2008

Stoma-Splitter 1

Wie 2007 war es auch in diesem Jahr mein erklärtes Ziel, wenn immer möglich ohne Stoma den OP-Tisch verlassen zu können. Dem war, wie ihr alle wisst, nicht so. ich trage nun so ein Sackerl zu meiner vorderen Rechten und fühle mich visuell permanent adipös!

Entwich früher hin und wieder mal Luft aus meinem Innern und trafen mich strafende Blicke, so hob ich jeweils kurz die Schultern, streckte meine Arme leicht Richtung Bittstellung und vermerkte: „Wenn’s Arscherl brummt, is s Herzl gsund“. Damit war dann auch vieles wieder im Lot. Jetzt entweicht Luft unkontrolliert in den Sack und es knattert, deutlich hörbar, unangenehm im Ton und ich kann nichts dafür. Der Ton ist etwa so, wie wenn man einen Zweitaktmotor (DKW, Rasenmäher, Motorsäge usw.) startet. Zurzeit kann ich nur die Schultern leicht anheben und vermerken: „Wenn’s Stoma knattert, mei Herzl flattert!“

Ich stehe mitten in der Auseinandersetzung zwischen Verwünschung und Annahme. Ich kenne den Wert des Stomas, kann gut mit ihm umgehen und finde es eine grossartige Einrichtung. Aber: Es zerstört die Unversehrtheit des Körpers, trübt die Ästhetik, weist permanent auf Krankheit hin, ergänzt Natur mit Technik und macht sie von ihr abhängig. Ich kann mir Sexualität in diesem Zustand nicht vorstellen, nicht von der Funktionalität her, sondern von der Erotik aus betrachtet. Auch hat es nicht mit dem Verständnis meiner Frau zu tun. Es ist und bleibt vorläufig mein Problem.

Ein kleine Kostprobe der Auseinandersetzung: Vorletzte Nacht streckte ich mich und spürte einen Reissschmerz rechts. Ich drehte mich auf den Rücken, griff mit der linken Hand zur rechten Seite und realisierte, dass sich der Sack von der Haut gelöst hat. Es roch, es war feucht und ich fluchte. Es gibt Redewendungen, die mittlerweile gesellschaftlich sozialisiert sind: ‚in der eigenen Scheisse stehen’ oder ‚…sitzen’. Wisst Ihr, wie es ist, wenn man in der eigenen Scheisse liegt? Natürlich kann man alles putzen, waschen, sich neu anziehen und wieder ins Bett legen. Und emotional? Das ist der Prozess, der die Annahme so schwierig macht. Vielleicht gilt auch hier, dass die Akzeptanz dann erfolgt, wenn man weich genug geklopft ist! Ich bleibe hart am Sackerl.

Liebe Grüsse
Peter

1 Kommentar:

Hubi hat gesagt…

Hallo Peter
Niemand, der das nicht selbst erlebt hat, kann sich richtig in Dich hineinfühlen. Aber es ist wohl gut, dass Du mit schonungsloser Offenheit über Deinen Zustand berichtest, Deinen Sarkasmus nicht zügelst und nach Worten ringst, die uns Lesern ein undefinierbares Lächeln abringen. Von mir aus ganz herzliche Grüsse. Ich denke oft an Dich und bald werden wir uns ja sehen.
Hubi