Sonntag, 12. August 2007

Nachlese

Die letzten vier Wochen waren in der Kompaktheit wohl einzigartig in meinem Leben. In der Fülle, in der Breite, in den Extremen sind sie kaum mehr zu überbieten. Vieles hat sich durch den guten Biobspiebericht relativiert, die Spuren aber bleiben. Und Spuren gibt es viele. Sie aufzuarbeiten und in mein Leben zu integrieren wird die Arbeit der unmittelbaren Zukunft sein. Es folgt nun eine Zeit des Durchhaltens. Ihr werde ich mich stellen.

Zutiefste Dankbarkeit spüre ich all jenen gegenüber, die mir in den letzten Wochen mit persönlichen Kontakten, Telefonaten, SMS, E-Mails usw. Mut gemacht haben. Ich erhielt nicht einen einzigen Ratschlag, dafür viele sehr persönliche Informationen. Dafür bin ich unendlich dankbar.

Danken möchte ich auch den involvierten Ärzten und Pflegenden. Sie leisteten eine grosse, von sehr viel Nähe und Wärme getragene Arbeit und respektierten meine Art des Seins. Sie akzeptierten meine Ressourcen und bauten sie in ihr Handeln ein.

Danken möchte ich auch meiner Familie, meiner Frau, meinen Kindern und ihren Partnern, die mich in dieser schwierigen Zeit getragen und ausgehalten haben. Ich spürte, was ich immer schon wusste: ein tragfähiges, stabiles Netz unter meinen Füssen!

Mit der Chemotherapie beginne ich am 24. August. Sie dauert bis und mit 7. Dezember. Ich erlaube mir, jeweils Ende eines Monats einen "Stimmungs-Blog" zu formulieren, um Euch auf dem Laufenden zu halten. Euch allen wünsche ich von ganzem Herzen einen guten, erholsamen, stärkenden und gesunden Sommer 2007.

Herzlich
Euer Peter

Mittwoch, 8. August 2007

5 vor 12

Der Biopsiebericht liegt vor. Als ich den Brief aus dem Briefkasten zog, hämmerte meine Herz in einer deutlich höheren Kadenz. Mit einem tiefen Atemzug las ich, dass lediglich eine der vielen untersuchten Lymphknoten befallen ist. Das wiederum heisst Chemotherapie, worauf ich mich aufgrund der bekannten Fakten bereits eingestellt hatte. Die Ausgangslage indes ist ohne allzu euphorisch zu wirken doch viel besser wie erwartet. Ich las den Bericht drei-, viermal. Es dauerte eine Weile, bis mein Herz wieder normal schlug. Dann allerding holte ich eine Flasche Weisswein aus dem Keller und meine Frau und ich stiessen auf diese relativ gute Nachricht an. Ich bin ehrlich froh darüber und habe auch bereits die Termine für die Chemotherapie bis Ende Jahr festgelegt.

Fünf vor Zwölf war es in zweifacher Hinsicht: Zum einen entging ich nur knapp einem Darmverschluss und zum andern expandierte der Tumor noch nicht! Von der Operation habe ich mich sehr gut erholt und strotze vor Tatendrang. Ich werde am Wochenende eine Nachlese formulieren und dann auch schreiben, wie es weitergehen wird.

Samstag, 4. August 2007

wieder zu Hause

Gestern erhielt ich die Bestätigung, dass es sich um ein Karzinom handelt. Die Biopsie ist aber nicht vor Mittwoch vorhanden. Alles weitere also danach. Mein Chirurge, zu dem sich ein herzliches Verhältnis entwickelt hat, teilte meine Ansicht, dass es zur seelischen Gesundung auch eine entsprechende Umgebung braucht. Ich bin nun wieder zuhause und genoss die wunderschöne Aussicht im Garten über die Stadt Winterthur. Sie versinkt, geschützt von kleineren, bewaldeten Hügeln in einem Meer von Bäumen. Sie wird zu Recht auch als Gartenstadt bezeichnet. Ich sitze im Garten und sehe meine Stadt in allen Farben und Formen. Ich sitze dort, wo so manche Idee geboren und entwickelt wurde. Ein leiser Luftzug streicht über die Wangen und die Strahlen der Sonne wärmen mein Gesicht. Maria und ich, wir lieben diesen Garten, ein Ort der Ruhe, der Weite und des Seins.

PS: Der nächste Eintrag erfolgt am Mittwoch oder Donnerstag.

Freitag, 3. August 2007

Ruhetag

Es ist der dritte Tag nach der Operation. Noch bin ich etwas wackelig auf den Beinen, im Grossen und Ganzen jedoch entwickelt sich meine Genesung sehr zufriedenstellen. Der zentrale Venenkatheter wurde gezogen, ebenso der Blasenkatheter. Ich erhalte ein völlig neues Gefühl von Autonomie. Keine Verkabelung mehr. Auch die Mahlzeiten kann ich wieder wie gewohnt (also keine Schonkost mehr) zu mir nehmen. Am Nachmittag heiratete Irene (ein Patenkind von mir). Ich liess es mir nicht nehmen, zusammen mit Maria mit dem Bus in die Stadt zu fahren und die Hochzeitsgesellschaft nach der Trauung beim Apéro zu überraschen. Danach kehrte ich in mein Zimmer zurück und fragte mich allen Ernstes, wie lange ich wohl noch hier Zeit verbringen werde. Ich kläre diese Frage heute Abend mit meinem Chirurgen.

Donnerstag, 2. August 2007

zurück im Zimmer

Auf der Intensivstation fühlte mich total aufgehoben, kompetentes Personal und sehr aufmerksame Betreuung. Jetzt bin ich wieder auf der Abteilung, wo es nicht minder qualifiziert zu und her geht. Der Patient ist hier Mittelpunkt. Der persönliche Spielraum ist recht gross und die Einschränkungen erklärt und begründet. Sie sind akzeptabel und halten sich in Grenzen. Ich fühle mich noch etwas 'plemplem'. Das kommt vom Temesta von letzter Nacht. Ich treffe nicht alle Knöpfe auf der Tastatur - auch in slow motion nicht! Aber es geht mir gut und zu jammern habe ich definitiv nichts.